Montag, 15. Februar 2010

Web2.0 mit besonderer Note


Eine sehr feine Anwendung aus der Wunderwelt des Zwischennetzes ist der Online-Noteneditior Noteflight. Nach einer problemlosen Registrierung steht ein flashbasierter Noteneditor zur Verfügung, der sich recht intuitiv bedienen lässt und für viele Zwecke des Schulgebrauchs durchaus ausreichend ist.
Es ist natürlich möglich, sich das Ergebnis entsprechend gleich vorspielen zu lassen. Eine Auswahl an unterschiedlichen Instrumenten, die das Ohr nicht beleidigen, steht auch zur Verfügung.

Die fertigen Partituren lassen sich abspeichern, per Freigab veröffentlichen und es wird automatisch eine Timeline des Arbeitsprozesses erstellt, so dass verschiedene Fassungen eines Stückes verfügbar bleiben.

Gerade für Schüler, die mit den Noten auf Kriegsfuß stehen, weil sie kein Instrument spielen, ist dies eine Möglichkeit, einfache Tonsatzübungen selbst auszuführen. Es ist also z.B. kein Problem, eine Melodie vorzugeben und diese durch die Schüler mit einer Klavierbegleitung versehen zu lassen. Es gibt wohl auch ein (kostenpflichtiges) Angebot speziell für Schule und Studium.

Sonntag, 14. Februar 2010

Randbemerkung zur Pisa-Poesie

Zu meinem Blogpost über den Bericht einer Honorarkraft an einer Berliner Schule twittert der Pisaversteher :

ciffi Blog http://bit.ly/a65fva /via @detlefteich // @ciffi liest Blog so: lasst die Schulen um Himmels willen so wie sie sind! No, we can not!

Interessant ist, dass aus meiner Kritik an der Schulstrukturreform, wie sie gerade in Berlin stattfindet, gleich gemacht wird, ich wolle Schule so lassen, wie sie ist. DIESE Schlussfolgerung kann ich nicht verstehen, da ich an keiner Stelle des Beitrags - und auch nicht an anderer Stelle - behauptet habe, dass kein Veränderungsbedarf in der Schullandschaft bestehe. Denn dass Schule größten Veränderungsbedarf hat, sehe ich sehr wohl.

Aber ich bin der Meinung, dass Schulstruktur überbewertet wird.
Das findet Sabine Czerny nicht so:

sabineczerny @detlefteich "Schulstruktur wird überbewertet" - das sagt ihr, weil ihr nicht wisst, was in den untersten Klassen los ist
denn:
sabineczerny @detlefteich wenn 27 Kinder um wenige Plätze auf weiterführenden Schulen kämpfen müssen, wird gekämpft und nicht freud- und sinnvoll gelernt

Ich kann jetzt nur von Berlin sprechen (und eben dort wird eine Schulstrukturreform vollzogen): Ich habe nicht das Gefühl, dass in dieser Stadt um "wenige" Plätze an weiterführenden Schulen (sind Gymnasien gemeint??) gekämpft werden muss. Es ist mir auch nicht bekannt, dass Schüler, die ein Gymnasium besuchen wollen, keinen Zugang zu dieser Schulform erhalten. Selbst Schüler mit Hauptschulempfehlung konnten bisher nach der Grundschule auf das Gymnasium wechseln. Der Elternwunsch stand an erster Stelle, die Grundschulempfehlung war eben nur eine Empfehlung. Es ist daher in dieser Situation völliger Unsinn, davon zu reden, dass hier ein "Kampf" um einen Schulplatz stattfindet. Kann sein, dass dies in anderen Bundesländern anders ist.
Ja - es ist so, dass es Gymnasien gibt, die einen besseren Ruf haben, als andere. Hier beginnt durchaus ein Kampf darum, einen Platz zu ergattern. Hat aber nichts mit Struktur zu tun. Offensichtlich gibt es wohl "gute" und "schlechte" Schulen des gleichen Schultyps. Das wird sich auch nicht ändern, wenn es nur Sekundarschulen gäbe.

Warum ich kein Freund der Schulstrukturreform bin?
Die Änderung der Struktur ändert nicht die Menschen innerhalb des Systems. Daher halte ich die Behauptung, Änderung der Struktur führe zu einer besseren Schule für verlogen - oder naiv.
Die Schulstrukturänderung wird innerhalb der Schulen in den nächsten Jahren Ressourcen der Lehrer "fressen", die besser in Verbesserung der Unterrichtsqualität investiert wären.
Warum sind denn die bisherigen Gesamtschulen de facto nicht die Vorzeigeschulen?
Die linke Schulpolitik hätte ja in Berlin am liebsten das Gymnasium ganz abgeschafft und durch die Sekundarschule ersetzt. Das würde allerdings bedeuten, dass eine Schulform, die bei aller berechtigten Kritik an überkommenen Lehrmethoden etc. ihren Auftrag noch am besten erfüllt, abgeschafft und durch einen Versuch mit unklarem Ausgang ersetzt wird. Warum gab und gibt es denn keinen Run auf die bisherigen Gesamtschulen? Nur weil es das Gymnasium "gibt"? Warum konnte dieses Modell nicht attraktiver werden als das Gymnasium? Ich erkenne in der Sekundarschule grundsätzlich keine andere "Idee" als das Gesamtschulmodell. Und die Gesamtschullehrer sind in den 70er und 80er Jahren durchaus überzeugt und entsprechend engagiert an die Umsetzung der Idee des gemeinsamen Lernens gegangen. Warum ist dies gescheitert? Natürlich, es gibt (auch in Berlin) Gesamtschulen mit einem sehr guten Ruf (die also offensichtlich funktionieren), die weit höhere Anmeldezahlen haben, als sie Schüler aufnehmen können. Aber hat dies etwas mit der Schulform zu tun - nein.

Die Rahmenbedingungen von Schule haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert: Wochenarbeitszeit der Lehrer, Klassengrößen, Personalausstattung etc. Allein die Gebäude nicht weniger Schulen sind die Visitenkarte für den Stellenwert, der Bildung zugemessen wird.
Man kann zumindest sagen, dass der Bildungsbereich nicht unbedingt vom Füllhorn des Finazministers bedacht wird. Ja - Geld ist nicht alles und löst alleine auch keine Problem, aber ohne geht es eben auch nicht. Die Schulpolitik möchte aber möglichst kostenneutrale Lösungen: und die Veränderung der Schulstruktur ist sicher vergleichsweise "billig" zu haben. Beispielsweise sind dann große Schulen (6 bis 8zügig) der Normalfall: in einer kleinen Schule, die vielleicht nur zwei oder dreizügig läuft, kann man natürlich nicht so viele tolle vielfältige Angebote machen (so die offizielle Begründung). Daher wird es in Berlin u.a. zu nicht wenigen Schulfusionen kommen. Wer allerdings schon einmal an einer kleinen Schule gearbeitet hat (egal welchen Schultyps), wird die Vorzüge zu schätzen wissen. Gerade auch für die "Problemschüler". Aber kleine Schulen sind natürlich teurer als große.

Schulstruktur wird überbewertet.
Was eine "gute" Schule ausmacht, hängt nicht zwingend mit ihrer Organisationsform zusammen - auch nicht das ganze System betreffend.
Entscheidend ist der "Geist", der dahintersteht. Diesen zu ändern ist eine große Aufgabe. Und ich vermutet auch, dass für den Pisaversteher ein neuer Geist von Schule mit einer anderen Schulstuktur untrennbar verbunden ist. Aber dass sich "Geist" durch Strukturänderung beeinflussen lässt, halte ich für Pisa-Poesie.

Klangkunst einmal anders

Schöne Idee, wie sich alte Tapes wieder nutzbar machen lassen: man visualisiert, was man hören könnte.

Mehr davon ist hier zu finden.

Geeignet vielleicht auch für ein fächerübergreifendes Projekt von Musik und Kunst.

Samstag, 13. Februar 2010

Unterrichten kann jeder, oder?

Freunde und Bekannte von mir konnten überhaupt nicht nachvollziehen, dass Nichtlehrer unterrichten dürfen. Ohne Ausbildung! "Also bitteschön, so was ist doch in Deutschland nicht möglich", wurde ich bei Grillgemüse und Prosecco auf dem Schulfest meiner Kinder in Berlin-Mitte belehrt.

[ ... ]

Man kann das Wort [Integration] ja nicht mehr hören, aber erst hier, an dieser Schule im Wedding, habe ich begriffen, dass es nur eine Phrase ist.
Berliner Zeitung


Ein lesenswerter Bericht aus der Berliner Schulpraxis. Das ist absolut Alltag, hier ist auch nichts übertrieben, der Tonfall fast versöhnlich: Als Aushilfe an einer Weddinger Gesamtschule

Es ist klar, was die Schulreform an solchen Schulen ändern wird: nichts. Aber warum wird die Schulreform in Berlin durchgeführt? Weil es an solchen Schulen nicht läuft.

Über den Wahnsinn dieser Aushilfepraxis habe ich hier schon einmal berichtet.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Nützliches Audioformat



Der Bayrische Rundfunk bietet einen netten Kalenderblatt-Podcast aus dem Bereich der klassischen Musik an.

Die Folge Jacques Ibert stirbt in Paris hat die Form eines fiktives Interviews. Dieses Format eigent sich m.E. recht gut, um Schüler eine eigene Audioproduktion erstellen zu lassen.
Mit dieser Folge kann man den Schülern ein exemplarisches Beispiel vorstellen, welches dann auf eine beliebige Biographie übertragbar ist.

Sonntag, 7. Februar 2010

Empfehlung: Musikpädagogik im Netz

Eine erfreuliche Randbemerkung:

Musik in der Schule und Tastengott sind zwei feine Blogs, die sich dem Musikunterricht widmen, mit schönen Praxisbeispielen.

Für mich um so erfreulicher, als dass ich just vor wenigen Wochen das Fehlen von Blogs zum Musikuntericht gegenüber einem Kollegen der Fremdsprachen beklagte.

Samstag, 6. Februar 2010

Randnotizen

Schon beruhigend, dass man es überall mit Menschen zu tun hat: Christian Füller, Kämpfer für Bildungsgerechtigkeit im Dauereinsatz für die sozial Benachteiligten, sieht in seinem Kommentar zu meinem letzten Beitrag die Äußerung, dass Bildung für 15 Prozent der Bevölkerung objektiv wertlos sei (Martenstein), nicht mit der Aufklärung vereinbar. Wahrscheinlich, weil Christian Füller hier eine ganze Bevölkerungsgruppe pauschal abgeurteilt sieht (und weil er den Satz bewusst missversteht im Sinne von: 15 Prozent sind es nicht wert, Bildung zu bekommen, was aber etwas anderes bedeutet.) Es freut mich allerdings, dass der Hüter der Aufklärung sich sehr menschlich zeigt, da er unmittelbar darauf das anstehende Dienstende von knapp 500.000 Lehrern bis 2020 als Befreiung für das Bildungssystem deutet. Schönes Beispiel für eine differenzierte Sicht auf die Dinge. Auch in den Tweets gehts ähnlich aufgeklärt zu:


Nix für ungut, Ciffi, der Tweet ist schon witzig - wenn man nicht weiß, dass er ernst gemeint ist.

Gestern habe ich ein schlechtes Gewissen bekommen, dass ich so ein fauler Sack bin und nicht beim #ec10hh dabei bin. Damit ich mir noch beim Zähneputzen gegenübertreten kann, hab ich mir allerdings die Aufzeichnung desLive-Streams Diskussionsrunde “Das Internet – ein Bildungsraum?” zu Gemüthe geführt. Ja, der Sprachstil muss jetzt ins Gehobene wechseln, denn es war eine Menge Web2.0-Poesie zu vernöhmen, Lisa Rosa auch in bester Form.
Um es vorwegzunehmen: es war eine Menge Geschwurbel zu hören und der Erkenntnisgewinn für mich persönlich hielt sich arg in Grenzen. Aber, doch, es gibt Erkenntnisse:

An meiner Schule bin ich durchaus die "Lisa Rosa", sprich ich setze mich schon recht lange für die Nutzung der Kommunikationsmöglichkeiten des Zwischennetzes ein: sowohl im Unterricht als auch in der Kommunikation der Lehrer untereinander und versuche an entsprechenden Stellen auch Überzeugungsarbeit zu leisten, denn, ja, die Vorbehalte bei den Kollegen sind groß, die Bereitschaft, Zeit für unbekanntes Gebiet zu investieren gering - und nicht nur die Bereitschaft, sondern auch die Zeit an sich fehlt, die Belastung ist hoch.
Aber wenn ich Lisa Rosa höre, lerne ich, wie man nicht für eine Sache werben sollte, nämlich an den Bedürfnissen seiner Zielgruppe vorbei (nun ist LisaRosas Zielgruppe eine andere als meine, das ist klar, ihre Zielgruppe ist nicht der Lehrer) Es liegt in der Natur der Sache, dass man, wenn man sich intensiv mit einem Thema beschäftigt, die Bodenhaftung zu verlieren droht. Ich kenne das auch von mir. Und wenn Lisa Rosa das Internet als Leitmedium bezeichnet, in dem heute die relevante Kommunikation stattfindet, ist das m.E. ein Beispiel für verzerrte Wahrnehmung. Mir fällt beispielsweise auf, wie klein das deutschsprachige Internet im Bildungsbereich ist - gemessen an den gigantischen Nutzerzahlen ist es erstaunlich, wie dörflich dieser Bildungsraum ist: man trifft immer die gleichen Lehrkörper an den einschlägigen Plätzen. Es ist (noch?) überschaubar.
Ich lerne durch Lisa Rosa auch, meine eigenen Positionen zu hinterfragen. Es erzeugt Widerspruch und erhöht die Skepsis gegenüber der Web2.0 Euphorie gewaltig. Warum? Weil hier absolut formuliert wird, dass Bildung in Zukunft zwingend an diese Technologie gebunden sein wird. Aso: Lernen mit Netz = gut und ohne Netz = schlecht. Oder zumindst ohne Netz = immer schlecht. Das halte ich, im besten Neudeutsch formuliert, für Bullshit.
In der Diskussion wird unter anderem zu Recht an einer Stelle festgestellt, dass (technische) Entwicklungen zuletzt in der Schule ankommen. Es ist also durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Nutzung von Web3.0 in der Schule ankommt, wenn scho klar ist, dass sich hier die größte Sackgasse für Bildung aufgetan hat.

Übrigens auch sehr feine Web2.0-Poesie in dieser Gesprächsrunde: Nachzertifizierung - Dörte Giebel überlegt, wie man das zusätzliche Lernen der Schüler in den Griff bekommt. (etwa ab 01:12, wenns jemanden interessiert)
Mehrfach taucht auch der Gedanke auf, dass Schule Schule Angst davor hat, nicht mehr kontrollieren zu können, was die Schüler lernen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man überhaupt auf so einen Gedanken kommt, verstehe ihn nicht, hat nichts mit meiner schulischen Erfahrungswelt zu tun.
Auch der Gedanke des iPhones als Sprengstoff im Klassenzimmer - tschuldigung wenn ich jetzt ein wenig dem Gedankensprunge fröne, aber sollen ja heute nur Randnotizen sein.
Also Sprengsatz iPhone. Verstehe ich nicht. Mal davon abgesehen, dass es das Letzte ist, auf einem derart unergonomischen Gerät längere Zeit arbeiten zu müssen - wo ist da die Sprengkraft? Es wird im übrigen in der Gesprächsrunde auch nicht weiter ausgeführt.
Auch schön - die "digitale Ungleichheit"(etwa 01:00) - was füher die "Wissenskluft" war.
Wenn ich das höre, vermute ich eher, dass die wahre Kluft in einiger Zeit zwischen den "digitalen Deppen" und "Holz-Lesern" bestehen wird.
Denn was mir auch schon lange aufstößt - es wird so getan, als sei der Zugang zu Wissen vor dem Internet geradezu unmöglich gewesen.

Nur son Gedanke am Schluss: Medienkompetenz könnte vielleicht auch sehr bald heißen, dem Ausschließlichkeitsanspruch der Maustätigkeit etwas entgegen zu setzen, im Sinne von Medienvielfalt. Denn wenn man Schüler heutzutage darauf hinweist, dass die Benutzung einer Bibliothek auch ein Mittel der Informationsbeschaffung sein könnte, wird man schon schräg angeschaut (und ich rede jetzt von der gut ausgestatteten Schulbibliothek, die man in der Pause aufsuchen kann). Und müssen Schüler, die schon stundenlang WoW zocken noch in der Schule oder bei Hausaufgaben vor der Kiste hocken? Die Medienpädagogen wollen die Kinder an die Kiste haben, die Kinderpsychologen wissen nicht, wie sie selbige wieder davon weg bekommen.

Ich danke @LisaRosa (und entschuldige mich, dass sie dafür herhalten muss, aber sie vertritt eben eine bestimmte Position, aber natürlich nicht nur sie alleine. Für mich ist Lisa Rosa sozusagen das iPhone, eine Metapher eben) also ich danke Lisa Rosa dafür, dass Sie bei mir für "Erdung" sorgt, dafür sorgt, einen kritischen Blick auf das Internet in der Bildung zu werfen.
Ich danke Ciffi, der ebenso zu Widerspruch provoziert. Ich möchte nicht seine Schulreform, aber wie er eine bessere Schule. In der Reibung wird vieles klarer.
Gute Nacht.

Montag, 1. Februar 2010

Lernwächter

Der Hauptteil ist noch nicht gelungen. Hier gibst du nicht nur unwesentliche, sondern auch falsche Inhalte wieder. Es wird deutlich, dass du die Zusammenhänge des Vorfalles nicht erkennst und auch nicht folgerichtig darstellen kannst. Auch glückt s dir nicht, die Zusammenhänge durch Adverbialsätze oder Adverbien in eine logische Reihenfolge zu bringen. Der Schluss muss ebenso Verbesssert werden (...) Achte auch auf die äußere Form der Arbeit." (Lernwächter)


Für Christian Füller ist dies ein Beispiel für „übellaunige, zerstörerische und beschämende Korrekturen.“

Der betreffende Ausschnitt, der beispielhaft für die ablehnende Haltung eines Lehrers stehen soll, sagt allerdings nichts derartiges aus und passt daher nicht zu den angeführten Attributen. Denn wie diese Randbemerkungen (zwischenmenschlich) zu verstehen sind, erschließt sich eben erst aus der gesamten Unterrichtssituation. Die fehlt. Und es könnte zudem auch sein, dass die Schülerarbeit inhaltlich und formal eine Katastrophe darstellt, die Bemerkungen somit gar als verbale Streicheleinheiten zu interpretieren wären – der Leser kann sich zumindest kein eigenes Bild machen, so dass die Zitate eben nur der Propaganda dienen: Es wird deutlich, dass bestimmte Vorurteile die Wahrnehmung Füllers beeinflussen, so dass er überhaupt erst die Schlussfolgerung ziehen kann, dass es sich hierbei um eine „Du-gehörst-hier-nicht-her-Haltung“ handelt. Passt eben ins Weltbild. Nach gleichem Muster werden auch aus Martensteins Ausführungen zum Schulsystem Schlussfolgerungen gezogen , die eher den Tatbestand der Unterstellung erfüllen:

„Da steht: Ihr Hartz-IV-Empfänger, für die Bildung objektiv wertlos ist, mit euren Kindern wollen wir nix zu tun haben!“ (TAZ)
Wer mag, kann ja den Martenstein nachlesen und sehen, ob er zu ähnlich spannenden Schlussfolgerungen gelangt.

Was will Füllers Watchblog Lernwächter?

„Er soll Korrekturen öffentlich machen, er soll das Fehlverhalten an Schulen aufzeigen, die Auslese vor Förderung, die Beschämung vor Stärkung setzt.“

Ein Deutschlehrer würde hier wahrscheinlich erst einmal einen Grammatikfehler anstreichen (natürlich mit aufmunternden Worten, dass dies sogar ausgebildeten Journalisten schon einmal passiert sei und die Grammatikfehler sich ansonsten in Grenzen halten und seit der vorletzten Arbeit ja schon viele Fortschritte erkennbar sind). Aber C.F. muss seine Texte ja zum Glück nicht mehr von Deutschlehrern korrigieren lassen.

Das Anliegen der Lernwächter allerdings ist absolut richtig, denn, ja, – es gibt grobes Fehlverhalten von Lehrern auf der zwischenmenschlichen Ebene.

Aber das Grundproblem des Vorhabens deutet sich m.E. mit dem misslungenen Startbeispiel schon an: In den wenigsten Fällen wird es für Nichtbeteiligte des kolportierten Vorgangs möglich sein, dass diese sich selbst ein Urteil bilden können. Die Leser sehen sich jeweils nur in ihren Vorurteilen bestätigt: Die Lehrer darin, dass sie ständig zu Unrecht kritisiert werden, die Eltern und Schüler darin, dass Lehrer selbsgerechte Despoten sind, die nach Nase benoten und nicht individuell auf Schüler eingehen.

Der Erkenntniswert geht damit gegen Null, da sich solche Beispiele schlecht verallgemeinern lassen. Denn selbst ein C.F. wird nicht behaupten wollen, dass Schule heute an sich eine Schülererniedrigungsanstalt ist, oder vielleicht doch?