Mittwoch ist bei mir Kinotag: Mit Freunden, die nachwuchsbedingt nicht gemeinsam das Kino aufsuchen können, wird jede Woche digitales Bewegtbild an die Wand gebeamt: sozusagen die Wand, die die Welt bedeutet (nur weil Schiller gerade Geburtstag hat, ansonsten natürlich Quatsch). Ich muss die Filme aussuchen. Bekanntlich wächst die Schwierigkeit, sich für einen Film zu entscheiden, proportional zur Anzahl der Betrachter und so habe ich schon manche Stunde in der Videothek meines Vertrauens zugebracht, da schon die Anzahl von 4 Betrachtern einen Schwierigkeitsgrad von 7 auf einer Skala von 8 zur Folge hat. Denn einige Grundsätze konnten schon nach den ersten Kinotagen aufgestellt werden: keine amerikanischen Filme, keine Filme, die in schwarzweiß und nach 1980 gedreht wurden, insbesondere nicht mit Frauen, die auf gläsernen biergefüllten Beinen tanzen, keine französischen Filme, die im Feuilleton gelobt werden (man stellte sehr schnell fest, dass es sich dabei eher um Hörspiele mit Bildunterstützung handelt), keine Filme von, mit oder über Til Schweiger (der übrigens in Heuchelheim aufgewachsen ist). Daneben gibt es noch die Regel: nicht mit Kindern und Tieren. Da fällt natürlich schon ein Großteil der Cineastenkost weg, klar. Allerdings führte dieses Regelwerk zu einer intensiven Beschäftigung mit dem österreichischen Filmschaffen. Ein Gewinn, aber andere Geschichte.
Da die Bedienung in der Videothek wahrscheinlich schon anderes als filmkundliches Interesse ob meiner ausufernden mittwöchlichen 18-Uhr-Besuche unterstellt, war ich recht dankbar, in der Multimediaabteilung der mir freundschaftlich verbundenen Nachbarschaft eben Fahrenheit 451 zu entdecken. Das würde mir den Weg in die Videothek, zwei Euro, Entscheidungsnot und abschätzige Blicke ersparen. Aber wie heißt es so schön: Wer spart, zahlt doppelt. Oder so ähnlich. Der Aufpreis - 90 Minuten unfreiwillige Komik und vordergründige Medienkritik. Erstaunlich nur, dass der erhobene Zeigefinger die zum Zwecke der Bildprojektion verwendete Wand nicht zum Einsturz brachte. Heute kann man diesen Film eigentlich nicht mehr genießen, in jeder Hinsicht.
Aber zum Glück gibt es ja in einer meinungsoffenen Gesellschaft wie der unseren auch andere Meinungen, die sogar in Büchern nachzulesen sind:
Die Aktualität des Filmes Fahrenheit 451 von Francios Truffaut (für den Deutschunterricht)
Ja, es ist richtig, diesen Film in der Schule zu analysieren, da die Schüler ja das Klasenzimmer nicht verlassen dürfen! So wird wenigstens der "Kanon" gepflegt. Und auch die Erwartungshaltung der Schüler nicht enttäuscht, dass Lehrer eh nur vertaubtes, ungenießbares und oberpeinliches Zeug präsentieren und dabei ggf. noch begeistert von früher reden.
Die DVD von Fahrenheit 451 erschien in der SZ-Cinemathek. Diese wirbt:
Ausgewählt von der Kinoredaktion der Süddeutschen Zeitung, tragen sie die persönliche Handschrift von Filmkennern, die zusammen mit bekannten Autoren jeden einzelnen Film im Booklet vorstellen und interessante Hintergrundinformationen liefern.
http://sz-shop.sueddeutsche.de/mediathek/shop/catalog/editionen/3626.jsp
Der bekannte, Fahrenheit in höchsten Tönen lobende Autor heißt in diesem Falle übrigens Wim Wenders. Und wir haben damit nun eine weitere Regel für den Kinotag.
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