Sonntag, 11. Oktober 2009

Rot-Rote Experimente

Der Tagesspiegel berichtet, dass das Probejahr an den Gymnasien in Berlin nun doch nicht eingeführt werden soll. "Experten" hätten

davon abgeraten, Jugendliche in der schwierigen Phase zu Beginn der Pubertät nach einem Jahr als „gescheitert“ aus dem Gymnasium zu entfernen. Stattdessen wurde ein mehrtägiger Probeunterricht vorgeschlagen. Bei dem könnten sich die Schüler beweisen, die von ihren Grundschulen keine Gymnasialempfehlung bekommen hätten. Wer nicht überzeuge, solle gleich auf die Sekundarschule gehen.
Wir haben momentan in Berlin ein Probehalbjahr. Auch wenn mir keine Zahlen vorliegen, behaupte ich, dass der Anteil der Schüler, die dieses Probehalbjahr nicht schaffen, sehr gering ist (schätze max. 5 Prozent), was unter anderem daran liegt, dass man schon recht deutlich versagen muss, damit man der Schule verlassen muss. M.E. ist es eher erstaunlich, wer das Probehalbjahr so schafft - aber andere Geschichte.

Da gibt es also "Experten", die der Meinung sind, dass einem Schüler, der ein gesamtes Schuljahr in den Sand setzt, nicht zugemutet werden könne, die Schule zu verlassen, da das sensible Seelchen Schaden nehme.

Alternative? Klar! Zugang wird für alle erschwert! Man gedenkt

die Bedeutung des Grundschulgutachtens gegenüber dem Elternwillen aufzuwerten. Nun muss Rot-Rot die Frage beantworten, in welcher Form es diesem Vorschlag folgt. Zur Debatte steht neben einer verbindlichen Grundschulempfehlung ein strenger Numerus Clausus, eine Aufnahmeprüfung am Gymnasium und – als zusätzliche Chance – der Probeunterricht.
Ich persönlich bin nun nicht gegen eine angemessene Einstiegshürde beim Zugegang zum Gymnasium, aber man bedenke:
Die Grundschulempfehlung ist und bleibt eine subjektive Sache. An der Grundschule arbeiten eben auch Menschen, die Fehler machen können. Ausgangspunkt der Bildungsreform ist aber die unterstellte Benachteiligung bestimmter sozialer Gruppen durch die Schulstruktur. Der Zugang zum Gymnasium wurde bisher ausschließlich vom Elternwillen geregelt. Nun solle es der Lehrerwille sein. Was zugangsbeschränkender ist liegt auf der Hand.
Gesamtschulen gab und gibt es in Berlin es auch genug. Wo lag und liegt derzeit die Benachteiligung durch die Schulstruktur? Was wird jetzt besser?

Soviel zur Stimmigkeit der Entscheidungen, die die Berliner Bildungspolitiker treffen. Noch nicht einmal den eigenen Ansprüchen und Zielen wird man gerecht.

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